Die Linde

26.05.2017

Die Linde,

ein weit verbreiteter Hausbaum, gilt als Freund des Menschen und als Glücksbringer. Botanisch unterscheidet man die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und die Winterlinde (Steinlinde, Tilia cordata). Unterscheiden lassen sie sich am besten, wenn man ein Blatt in die Hand nimmt und fühlt. Bei der Sommerlinde tragen Blätter und Stiele rundum einen feinen Flaum, bei der Winterlinde ist nur die Blattunterseite behaart. Erstere erreicht bis zu 40 Meter Höhe. Mit ihrer hochgewölbten und dicht geschlossenen Krone wirkt sie imposanter als die kleinere Schwesternart. Allerdings kreuzen sich Sommer- und Winterlinde und ihre Nachkommen kann man oft nicht eindeutig zuordnen.

Der botanische Name ist verwandt mit dem griechischen tilos, Faser. Der Reichtum an Bastfasern in der Rinde ist eine Spezialität der Linde. Die Pfahlbauer haben einst ihre Kleider aus Leinenfasern und Lindenbast gewoben.

Die Lindenblüte verkündet den Hochsommer und versüßt mit ihrem lieblichen Duft die lauen Abende. Sie spendet den Bienen und Hummeln Nahrung und uns Menschen Schatten und Geborgenheit. Viele Feste wurden schon unter den großen alten Linden gefeiert.

Sie galt im Mittelalter als Bienenweide des heiligen römischen Reiches und stand unter strengem Bann, denn damals war Honig der einzige Süßstoff. Außerdem wurde das Wachs gebraucht für Altarkerzen, Schreibtafeln oder Siegel. Noch heute verlangt die katholische Kirche Bienenwachs für die Opferkerzen und ist die Linde eine wichtige Trachtpflanze für den Imker.

Die Linde kennt man oft als großen markanten Einzelbaum, manche von ihnen sind über 500 Jahre alt und haben ein dementsprechendes Erscheinungsbild und eine lange Geschichte. Ganz oft ist sie Namenspatronin für Straßen, Plätze und Gasthäuser. Da sie die Fähigkeit hat sich rasch zu verjüngen und immer wieder neu auszuschlagen übersteht sie Rückschläge recht gut. Trotzdem findet man sie kaum in Wäldern, da ihr Holz als Nutzholz nicht geeignet ist. Nur Drechsler und Bildhauer schätzen das weiche, leicht zu bearbeitende Holz. Das Wort “lind” bedeutet angenehm mild, nicht rau oder auch sanft und zart, es beschreibt vielleicht die Eigenschaften des weichen Lindenholzes.

Die Linde hat oder hatte vielerorts große Bedeutung für das Gemeinschaftsleben. Nicht nur am Brunnen vor dem Tore steht ein Lindenbaum – in vielen Dörfern bildet eine alte Linde den zentralen Treffpunkt im Ortskern. Es wurden unter ihrem Dach viele Feste gefeiert außerdem schwörte man Eid „Unter Linden“, es wurde Recht gesprochen („Gerichtslinde“) und man führte Beratungen durch. Viele Urkunden belegen, dass das alte „judicum sub tilia“ (tilia – latein für Linde) noch bis Ende des 18. Jhdt praktiziert wurde.

Die Linde, galt auch als magischer Baum, gewährte Schutz vor Gewitter und bösen Geistern. Bei den Germanen und Slawen galt die Linde neben der Eiche als heiliger Baum, dessen Holz bei rituellen Verbrennungen der Toten verwendet wurde. In Sagen erscheinen Linden häufig als Sammelplatz der Hexen. Im Rahmen der Christianisierung wurde dann aus der Freya-Linde die Marienlinde, zu der auch Wallfahrten stattfanden, wo man sich einige „heiligkraftbesitzende“ Blätter mitnahm. Linden schmücken noch heute Kapellen und Wegkreuze mit ihrer Erhabenheit.

Sie taucht häufig in Märchen, Volksliedern und Gedichten auf. Auch für den Nibelungenhelden Siegfried war die Linde Schicksalsbaum. Als er sich im Blut des erschlagenen Drachens unverwundbar badet, heftet sich ein Lindenblatt an seine Schulter, verhindert den vollkommenen Schutz, und unter einer Linde stirbt er von der Hand des grimmigen Hagen. Der ursprüngliche Titel des bekannten, weil von Franz Schubert vertonten, Gedichtes – “Am Brunnen vor dem Tore” lautete “Der Lindenbaum”. Hier zum wiederhören eine schöne Version: https://youtu.be/31lzOw9AAos

Viele Liebende trafen sich zum romantischen Stelldichein unter dem mächtigen Baum mit den herzförmigen Blättern.

In heutigen Städten fühlen sich die heimischen Linden dagegen weniger wohl: Hitze, Abgase und Staub machen ihnen zu schaffen. Als Straßenbäume werden daher robustere Arten wie die aus Südosteuropa stammende Silber-Linde bevorzugt.

Die Linde ist auch in der Naturheilkunde bedeutend. Der Lindenblütentee ist ein klassisches Hausmittel gegen Erkältungen. Die Blüten werden kurz nach dem Aufblühen gesammelt und gemeinsam mit den schmalen zum Blütenstand gehörenden Hochblättern getrocknet. Der Tee sollte etwa 10 Minuten ziehen. Der Honig von Lindenblüten ist hell, flüssig und schmeckt fruchtig süß. Dem Honig wird ebenso wie dem Tee eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben.

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